Donnerstag, 2. Juni 2011

Casanova Kachelmann



Kachelmann fielen Eroberungen leicht, wurden ihm auch leicht gemacht (Kollage über einer Zeichnung des Bruders von Giacomo, Francesco Casanova, befindlich in Moskau, Historisches Museum) (1)


Bei Maischberger wurde der Fall Kachelmann im Interesse der Frauen-Rechtlerin Alice Schwarzer praktisch noch einmal verhandelt. Das Urteil, ein Freispruch Kachelmanns aufgrund Mangels an Beweisen, erschien manchem unbefriedigend. Die Diskussion hatte wertvolle Momente, weil die Aufgaben der Gerichte, die lediglich festzustellen haben, ob Beweise ausreichen oder nicht, klar umrissen wurden. Halbe "Beweise", die nicht ausreichten, wurden im Prozess allerdings mit Hilfe des Vorlebens des Angeklagten zusätzlich beleuchtet. Aber auch das Vorleben brachte keine Klarheit. 

Mein Eindruck: Ein wesentliches Argument wurde offenbar sowohl während des Prozesses als auch in der Talkshow ausgelassen. Wenn das Vorleben von Herrn Kachelmann nämlich nichts weiter als ein lockeres Leben eines Casanovas war, der immer mehrere Pfeile im Köcher hatte, Geliebte in Reserve, dann hatte er es logischerweise nämlich nicht nötig, bei einer einzelen Geliebten Gewalt anzuwenden, um sich Sex abzuholen. Er sagte aber aus, dass dieser Sex einvernehmlich stattfand, bevor er ein mutmaßliches Drängen der Geliebten, die Beziehung zu konkretisieren, mit der Wahrheit konterte, diverse andere Geliebte zur Verfügung zu haben. Er wollte die Frau dann lieber los werden. Darin sehe ich ein Motiv der Frau, sich zu rächen. 

Kachelman hat mit der gleichen jovialen Art, die ihn als Wetter-Experte beliebt gemacht hatte, auch seine Geliebten behandelt. TV-Publikum und diese Frauen liegen auf einer Linie. Darum fielen ihm Eroberungen leicht, wurden ihm auch leicht gemacht. Kachelmann blieb echt, auch als Casanova oder meinetwegen auch "Schwerenöter" (Wir erleben zurzeit eine Inflation dieses Begriffes, es gibt offenbar zu viele). 

Darum komme ich zur Schlussfolgerung, dass Kachelmann tatsächlich unschuldig ist, keine Gewalt angewendet hat und die einzige Aussage, die er zum Prozess gemacht hat, wahr ist. Er hatte es nicht nötig, Sex zu erzwingen. Aber gerade das stachelte die düpierte Geliebte auf. Frauen wollen die Ausschließlichkeit, die ich oben als Ideal beschrieben habe, um sich selbst zu verwirklichen und müssen extrem denken, oder wie hier handeln, wenn sie um dieses Ziel betrogen werden, weil der Partner ein Lügen-Gebäude errichtet hat und gar nicht interessiert ist. 

Ovid führt aus, dass Versprechungen himmlischer Schlösser, um eine Frau zu erobern, erlaubt sind. Liebe und alle ihre Vorstufen scheinen also außerhalb ordentlicher Gesetze zu stehen. 

Wenn die Luftschlösser zu einer höheren Beziehung führen, die von der Natur so fürstlich belohnt wird (s.Link ff.), dann ist es ja gut, wenn nicht, dann waren die Voraussetzungen nicht ausreichend. (2)


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(1)
Alle Kollagen, Satiren und Bilder in allen Blogs, siehe rechte Spalte, sind Werke von micha vRhein, Copyright bitte beachten)

(2)
Kachelmann sagte während des Prozesses wenig, nun redete er Klartext. Alle seine Aussagen decken sich mit meiner Überzeugung, er sei unschuldig gewesen. Er gab auch Fehler zu. Sie decken sich ebenfalls mit meiner Schilderung. Es gibt auch einen logischen Querschnitt seiner Aussagen, die offensichtlich wahrhaftig waren. Das Urteil war am 31/Mai/2011, ein Freispruch. Medien taten sich schwer und sprachen von einem Urteil "zweiter Klasse", einem aus "Mangel an Beweisen". In Talkshows gab es niemanden, der aussprach: Kachelmann hat die Tat nicht begangen, Kachelmann war und ist unschuldig. Dieser Mangel an Mut zu einer persönlichen Entscheidung von Mitgliedern der Talkshows führte zu meinem Artikel, der zwischen dem Urteil und dem Interview Kachelmanns mit der "Zeit" entstand.


2 Kommentare:

Franz hat gesagt…

Man sollte nicht davon ausgehen, dass Menschen nur dann Gewalt anwenden "wenn sie es nötig haben". Gewalt hat eine Eigendynamik und hat kaum etwas mit strukturellen Zwängen oder Nöten zu tun. Gerade wenn es keinen Anlass gibt kann sie immer wieder auftauchen. Es ist ein schweres Thema, bei dem man sicher nicht verallgemeinern sollte.

Anonym hat gesagt…

Unmotivierte eigendynamische Gewalt ist leider Teil unserer Gesellschaft geworden. In der S-Bahn in Rostock wurde erst gestern ein 45-Jähriger tot geprügelt. Diese Art eruptiver Gewalt, die Franz anspricht, wurde im Kachelmann-Prozess nicht verhandelt, sondern die ganz bestimmte Gewalt, die das vermeintliche Opfer zu beschreiben versuchte. Ich denke, micha hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Für diese Gewalt fehlt das Motiv.

Theo