Spiegel Online berichtet soeben:
Washington - Barack Obama setzt auf den Dialog mit der muslimischen Welt. In einem Interview mit dem arabischen Sender al-Arabija hat sich der US-Präsident an die Muslime gewandt. Seine Aufgabe sei es zu kommunizieren, dass die USA ein Interesse am Wohlergehen der muslimischen Welt hätten, sagte Obama. "Wir machen manchmal Fehler. Wir sind nicht perfekt gewesen." Aber wenn man auf die Vergangenheit zurückblicke, auf den gegenseitigen Respekt und die Partnerschaft, die Amerika noch vor 30 oder 40 Jahren mit der muslimischen Welt gehabt habe, "gibt es keinen Grund, warum wir das nicht wiederherstellen können".
Den entscheidenden Satz habe ich fett hervorgehoben. Am 13.09.2001 um 22:09 schrieb ich nämlich in meinem Thema "Terroranschläge New York - Krieg?", unter meinem damaligen Internet-Namen vonRhein, ich zitiere mich selbst:
Die USA sollten etwas ganz Überraschendes tun: Sie sollten die verantwortliche arabische Welt befragen, was sie falsch machen, wo genau sie religiöse Gefühle verletzen - weil sie dies nicht beabsichtigen. Danach sollten sie Konsequenzen ziehen. Vor allem sollten sie zum Ausdruck bringen: Wir achten den Islam wie andere Religionen auch, in unserem eigenen Land und auswärts. Mit anderen Worten: militärische Aktionen müssen verschoben, die muslimische Welt erst einmal gewonnen werden. Es gibt keinen besseren Zeitpunkt als nach diesem scheußlichen und für alle Religionen menschenunwürdigen teuflischen Terroranschlag gegen Unschuldige.
Damals gab es weder Spiegel Online noch die vielen Kommentar-Abfragen in Internet-Magazinen. Damals, ab 1998, war mein Gedanke, den vonRhein-Internet-Schreibtisch für datierte Kommentare zu nutzen, in seiner Konsequenz einmalig und blieb es auch eine zeitlang.
Die Übereinstimmung vonRhein (= micha vRhein) am 13.09.2001 und Barack Obama am 27.01.2009 überrascht mich nun aber. Möglicher-weise muss ich so einiges aus der Vergangenheit hervorholen. Wieviel in den ganzen Jahren bis heute wäre wohl anders verlaufen, wenn mein einfacher Satz schon damals und nicht erst heute von einem US-Präsidenten geteilt worden wäre? Zu Beginn dieser sich anbahnenden Retrospektive zitiere ich noch gleich meine Reaktion, eine Stunde nach den Live Bildern vom 11.September 2001, die im Deutschen Fernsehen ständig wiederholt wurden:
Verfasst am: 11.09.2001 - 19:05 Titel: Terroranschläge New York - Krieg?
Wir leiden mit den Opfern, den Familien, den Verletzten. Die Anschläge wären vergleichbar mit Pearl Harbor. Aber diesmal sind Zivilisten das Ziel. Der Gegner ist schwer zu fassen. Krieg gegen den Terrorismus und gegen Länder und Staatsführungen, die diesen unterstützen, wird nun die Zukunft bestimmen. Nichts wird wieder so sein wie vorher. Das gilt für die gesamte freie Welt. Zu lange hat man sich gehen lassen, allein wirtschaftliche Aspekte bevorzugt, zu lange hat man zugesehen, wie Terrorismus erfolgreich war, hat kein Erbarmen mit Zivilbevölkerung empfunden, keine innere Haltung aufgebaut, Werte, die unsere Zivilisation ausmachen, beiseitegeschoben. Zu lange hat man die Ghadafi, Taylor, Ben Laden, Saddam Hussein gewähren lassen, Zivilbevölkerung regelrecht im Stich gelassen, ihnen keinen Halt im Sinne einer irdischen Gerechtigkeit gegeben. Die terroristischen Führer konnten Systeme des Terrorismus entwickeln, Gleichgültigkeit ließ sie gewähren, allenfalls störte die eine oder andere Spurensuche von Experten. Das war zu wenig. Die westliche Welt muß schlichte, erschreckend einfache, überaus naive menschliche Tugenden wieder neu entdecken und versuchen, sie für sich zurückzugewinnen.
micha (Diese Nachricht wurde geändert von: vonRhein am 11.09.2001 , 19:15)
Damals, unmittelbar nach den Anschlägen, war der beste Zeitpunkt, heute gibt es andere Möglichkeiten. Die Chance von damals ist nicht mehr die Chance von heute. Obama hält den Kreuzzug an. Das allein wird ohne große Wirkung bleiben. Muslime haben keinen Papst, sie haben Allah. Die "muslimische Welt" als Ansprech-Partner gibt es nicht. Jede Ansprache an Muslime muss Allah einbeziehen, anders geht es nicht mehr. Wie ein apostolischer Christ dieses Kunststück hin bekommen kann, Allah einzubeziehen und trotzdem Evengelien treu zu bleiben, steht in den Sternen. Wie ein DEHist das schaffen würde, wäre mir klar. Er täte es einfach, weil auch religiöse Irrwege, vor allem dann, wenn sie auf historischen Schriften beruhen, menschlich sind.
Die Eintritts-Karte für einen friedlichen Dialog wäre zum Beispiel der Satz: "Allah ist groß, er wird Frieden bringen, um sein Himmel-Reich auch schon auf Erden erleuchten zu lassen." So oder ähnlich könnte ein erfolgreicher Dialog beginnen. Erst weit danach kann Christus als ein Bote für Gewaltlosigkeit seine Kraft entfalten. Leider fehlt diese Einsicht im Bet-Kreis Obamas.
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Nachtrag am 6/Juni/2009 mit einem Auszug aus Spiegel Online zur Kritik der Rede Obamas in Kairo von gestern.
In seiner historischen Rede über einen Neuanfang mit der islamischen Welt ist US-Präsident Barack Obama in Kairo nach spanischen Medienberichten ein Irrtum unterlaufen. Als Beispiel für das friedliche Zusammenleben von Muslimen, Christen und Juden habe Obama "al-Andalus" erwähnt. So bezeichneten die Muslime die Iberische Halbinsel, über die sie in großen Teilen fast 800 Jahre lang herrschten. Die Blütezeit des Kalifats von Cordoba war im 10. Jahrhundert. Der US-Präsident habe diese Epoche in seiner Rede am Donnerstag jedoch in die Zeit der Inquisition verlegt, die in Spanien erst 1478 von den Königen Ferdinand und Isabella eingerichtet worden war, schrieb die konservative Zeitung "ABC" am Freitag.Am 10 Jul 2005 13:59 der Internet-Schreibtisch:
Die Möglichkeit eines friedlichen Nebeneinander (Muslimen und Christen friedlich nebeneinander) wurde lange Zeit im spanischen Cordoba vorgelebt. Dieses Beispiel gilt es heraus zu stellen, dem Islam mit psychologischem Geschick eine Portion Extrarespekt entgegen zu bringen und "Provokationen" aus der Sicht des aufgebrachten Islam eher abzubauen. Eine solche Geste wäre für Deutschland in Afghanistan jetzt an der Zeit.Die falsche Politik Schröder/Fischer geht jedoch dahin, international größen-wahnsinnig zu werden und sich Mitglied-schaft im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen durch das Engagement in Afghanistan erkaufen zu wollen - aufkosten der deutschen Bürger, die diesen Ehrgeiz der Aufgeblasenen teuer bezahlen müssen. Dieses Kalkül geht nicht auf, beide Politiker blitzen in den USA ab.
Obama hielt seine Rede in Kairo frei. Kanzlerin Merkel musste einige wenige Worte beim gestrigen gemeinsamen Besuch des Vernich-tungslagers Buchenwald ablesen. Nicht einmal ein solcher Ort lcckte frei gesprochene Emotionen heraus. Im gewissen Sinne "blitzt" Merkel ebenfalls ab. Deutschland wird diplomatisch feinfühlig und ohne Konfrontation von Obama herabgestuft.
Zum kulturellen Erfolgsmodell der muslimischen Zeit Spaniens, ausgehend von Cordoba, christliche und muslimische Ritterschaft respektvoll nebeneinander, hatte ich mich schon vor 2005 geäußert. Zu bedenken ist allerdings, dass die große islamische Bibliothek in Cordobe völlig zerstört wurde. Sie enthielt Weisheiten des Zusammenlebens, die heute fehlen. Der fundamentalistische Islam, der verdrängt, Gewalt nicht ausschließt, hängt historisch in der Luft, kann daher radikale Formen entwickeln. Gegen sie richtete sich Obama, indem er seinen Krieg in Afghanistan/Pakistan rechtfertigte. Dieses Engagement, das mit dem 11. September 2001 zusammenhängt, könnte in Zukunft die Achillesferse seiner Politik sein.
Also bestehen deutliche Übereinstimmungen zwischen Obama und dem Internet-Schreibtisch, die belegbar sind. Dagegen gibt es wenig Übereinstimmungen zwischen Obama und Steinmeier, dem deutschen Außenminister, der Empfehlungen der USA selbst in der Bush-Ära in den Wind geschlagen hat, einen unschuldig in Guantanamo Inhaftierten nach Deutschland zurück zu holen. Sein Statement zu Obama sieht so aus, wie soeben in der Deutschen Welle gesehen: "Ich habe Obama als einen Mann kennengelernt ..." Nur dieser Rede-Anfang sagt schon alles. Steinmeier benutzt Obama für Eigenpropaganda zwecks bevorstehender Wahlen, stellt sich an den Anfang mit "Ich".
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